Das Jahresende rast uns entgegen wie ein ICE, der ausnahmsweise mal keine Verspätung hat. War nicht eben noch Ostern? Eigentlich wollte ich dieses Jahr…
Spätestens kurz vor Sylvester erinnern wir uns dunkel an die Ziele, die wir schon seit Februar nicht weiter verfolgt haben. Fitness-Studios zum Beispiel haben im Januar Hochkonjunktur, da ist es immer voller als in einer Sardinenbüchse. Ab dem 2. Quartal wird es spätestens besser – für die wenigen, die dabei bleiben… Woran liegt das eigentlich UND geht das auch besser?
Ziele
Ich wollte dieses Jahr eigentlich einen Halbmarathon laufen. Eigentlich… Das Wort macht (eigentlich) schon klar, dass es nicht so weit her ist mit meinem Ziel und richtig: Das wird wohl nichts mehr, noch so ein Begriff, der die Sachlage weichspült.
Dabei war das Ganze durchaus SMART formuliert:
SMART und doch nutzlos?
Smarte Zielformulierungen sind kein Garant dafür, dass wir am Jahresende strahlend auf das zurückschauen, was wir erreicht haben. Das mit dem Halbmarathon war nämlich eigentlich ganz smart, finde ich:
- Spezifisch: Was genau möchte ich erreichen? Mir war glasklar, was ich mir vorgenommen hatte. Ein Halbmarathon in 2021 laufen, da gibt es eigentlich kein Vertun.
- Messbar: Wie kann ich es quantifizieren? Für mich wäre das reine Ankommen an der 21,x km entfernten Ziellinie durchaus ausreichend.
- Attraktiv: Ist es mir wichtig? Hier könnte der Hase im Pfeffer liegen…
- Realistisch: Ich denke schon. Selbst aus einem untrainierten Zustand heraus kann jeder das innerhalb eines Jahres erreichen, zumindest wenn keine schweren körperlichen Einschränkungen vorliegen
- Terminiert: Mit dem Jahresende scheint es einen harten Cut am 31.12.21 zu geben. Aber Achtung: Die letzte für mich mit moderaten Mitteln erreichbare Veranstaltung wäre bereits im Oktober… Planen hilft an dieser Stelle.
Das Frustpotenzial unerreichter Ziele
Wenn ein Ziel nicht attraktiv ist, braucht man es sich eigentlich auch gar nicht erst auf die Fahne zu schreiben. Die Wahrscheinlichkeit, über die Ziellinie zu laufen, ist dann einfach zu gering. Und welche Signale senden wir dann unserem Gehirn? Wieder nicht erreicht… War mir auch nicht so wichtig… Mir kam einfach zu viel dazwischen… Wäre dies und jenes nicht dazwischen gekommen, hätte ich bestimmt nicht nur einen Halbmarathon in Rekordgeschwindigkeit hingelegt.
Das Gehirn ist am Ende ein Muskel, den ich daran gewöhne, Ziele zu erreichen – oder eben nicht. Deswegen lohnt es sich so sehr, genau zu überlegen, ob ein Vorhaben zieltauglich für mich ist oder eben nur ein vager Gedanke bleibt.
Ziele aus dem Frust heraus sind schlechte Ziele
Das Rauchen aufgeben, 10 Kilo abnehmen, Nie wieder Alkohol… Gerade zum Jahresanfang geht es wieder los, die guten Vorsätze, die oft genug aus dem Frust heraus entstehen. Der Blick in den Spiegel, das unwürdige Keuchen nach dem Treppen steigen, meistens sind es unsere gefühlten Defizite, die zu den großen Zielen führen, die wir dann doch irgendwie wieder nicht erreichen. Und die Message ans Gehirn: Wieder nichts geworden, Note 5, vielleicht 4- oder lieber gar nicht mehr hinschauen…
Geht das auch anders?
Ziele setzen – Persönlichkeit entwickeln
Was wäre, wenn unsere Ziele dazu dienen, unsere Persönlichkeit weiterzuentwickeln? Wenn wir einfach einen Schritt vorschalten und uns klar machen, welche Lebensbereiche für uns wesentlich sind? Was definiert uns als die Person, die wir sind und sein wollen?
Wer sich ein klares Bild darüber macht, was ihn ausmacht, kann gute Entscheidungen treffen, in welchem Bereich Ziele für ihn wirklich Sinn machen, weil sie ihn voranbringen.
Ziele setzen – auf Stärken setzen
Na klar, irgendwie müssen wir in allen Lebensbereichen funktionieren. Der eine räumt nicht gerne auf, der nächste mag nicht so gerne vor Leuten „auftreten“, bei irgend etwas tun wir uns alle schwer. Und oft nehmen wir uns dann vor, genau an diesen Themen zu drehen, zum Beispiel mit einem Jahresziel, das dann ab Februar spätestens… naja, lassen wir das.
Es gibt aber keinen Grund, mit seinen Zielen immer nur vermeintliche Schwächen kompensieren zu wollen. Ziele, die auf unseren Stärken aufsetzen, motivieren uns auf ganz andere Weise. Das kennen wir aus dem Sport: Im Tennis zwei Leistungsklassen mehr, oder mit der Mannschaft zusammen im ersten Drittel der Tabelle landen. Wer Tennis spielt oder einen Mannschaftssport betreibt, kennt dieses magische Gefühl, das uns auf den Platz zieht, wenn wir uns der Zielmarke mühsam aber stetig nähern.
Nicht nur Red Bull verleiht Flügel, das können wir auch selbst. Wenn wir für Erfolgserlebnisse sorgen, boosten wir unsere Stimmung. Meistens so sehr, dass es abstrahlt auch in den Job oder die Schule, wo es doch eigentlich so nervig ist.
Keine Angst vor Spinnen!
Ich mag auch keine Spinnen, aber auf dem Papier eignen sich deren Netze gut, um sich einfach einmal vor Augen zu führen, welche Bereiche unser Leben komplett machen. Ich habe das einmal exemplarisch gemacht, letztlich kannst Du die von mir gewählten Lebensbereiche unverändert nehmen nehmen oder sie nach Deinen Bedürfnissen anpassen. In Kürze wird es im Download-Bereich eine Vorlage geben, wenn Du Dir auch eine Spinne zulegen möchtest.
Was ist schon im Koffer?
Nicht nur bei der Berufsorientierung für Abiturienten lohnt sich der Blick auf das, was schon da ist. Worauf kann ich setzen, weil es schon ganz gut läuft? Denn die Negativspirale, die nervige Job oder andere Sorgenfelder in Gang setzen, lässt sich auch umdrehen. Dann strahlt die Sonne auch in andere Bereiche. Leicht vorstellbar zum Beispiel, dass der angestrebte Erfolg im Sport positiv abstrahlt auf Schlaf und Ernährung. Und wer dann ausgeschlafen im Job unterwegs ist, der entdeckt dort vielleicht ganz neue Gestaltungsspielräume oder entwickelt die Energie, sich einfach noch mal neu zu orientieren.